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In Prenzlauer Berg fand eine Berliner Familie ein ungeschliffenes Juwel: Zwei zusammengelegte Wohnungen im Erdgeschoss und ersten Stock – mit Garten. Aber: Die Wohnungen waren dunkel und verbaut. Also beauftragte die Familie das Leipziger Studio Oink mit dem Aus- und Umbau ihres Zuhauses. Und Lea Korzeczek und Matthias Hiller ließen Licht hinein: Im Erdgeschoss öffneten sie die Fenster zum Garten hin, passten den Grundriss an und kümmerten sich um Böden, Wände, Materialien, Farben und einen Teil der Einrichtung. Wir trafen sie zu einer Führung.
Offenes Arbeits-, Wohn- und Gästezimmer im ersten Stock. Gut – und vor allem klug – versteckt ist hinten rechts eine kleine Kammer mit Waschmaschine, die Anschlüsse kommen aus dem Bad, das dahinter liegt.
Robert Rieger
Eigentlich sind das hier zwei zusammengelegte Wohnungen, es fühlt sich aber an, als stünde man in einem Haus. Wie ist Ihnen dieses Gefühl gelungen?
Studio Oink: Wir haben versucht, die Wohnungen ganz losgelöst vom umgebenden Raum zu denken. Das ist eigentlich untypisch für unsere Arbeit, da wir ansonsten immer bestrebt sind, die Umgebung in die Gestaltung mit einzubinden. Hier ist es aber glücklicherweise drum herum sehr grün: Das ist für ein Mehrparteien-Haus in Hinterhoflage mitten in Berlin eine sehr glückliche Ausgangsposition. Durch eine relativ klassische Aufteilung von Wohn-, Küchen- und Essbereich samt Gästebad im Erdgeschoss und den Schlafräumen mit dem Hauptbad im Obergeschoss entsteht der Eindruck eines kleinen Hauses. Ursprünglich waren die Bereiche optisch durch einen dunklen und versteckten Aufgang nach oben stark voneinander abgetrennt. Wir haben die Wand entlang der Treppe im Obergeschoss geöffnet und durch das Sichtbarmachen des Aufgangs eine offensichtliche Verbindung geschaffen.
In welchem Zustand war die Wohnung, bevor Sie mit dem Umbau beauftragt wurden?
Akzeptabel, aber sehr dunkel: Da waren dunkle Böden und schwarz-weiße Bäder, Sichtbacksteine, Edelstahlgeländer. Von allem war es zu viel und auch zu wild gemixt – Elemente der 90er-Jahre. Der untere Bereich war sehr dunkel und wirkte niedrig, das Obergeschoss war durch extrem viele Vorsprünge und Türen sehr unruhig und kleinteilig.
Wie sind Sie dann vorgegangen?
Im Wohnzimmer haben wir zwei Fenster bis zum Boden hin verlängert. Ursprünglich sollte hier eine große Glasfläche eingebaut werden. Das war aus statischen Gründen aber sehr aufwändig und mit hohen Kosten verbunden. Im oberen Bereich gab es einen eigenen Wohnungszugang, der als Notausgang beibehalten werden sollte. Zur Beruhigung der Wände mit den vielen Vorsprüngen haben wir uns entschlossen, einen Einbauschrank über die gesamte Etage zu planen, der nicht nur den Kleiderschrank im Schlafzimmer, sondern auch einen Stauraum samt möglichem Notausgang beinhaltet und sich zur einen Seite hin als große Schiebetür zum Kinderzimmer hin verjüngt. Die Wand im Obergeschoss zur Treppe hin wurde entfernt. Hier sollte eigentlich ein Metallgitter als teiltransparente und sichere Abtrennung dienen – leider konnte das bis heute noch nicht umgesetzt werden und wurde vom Eigentümer durch ein provisorisches Netz ersetzt. Das große Bad war ein eingekesselter Raum, also haben wir es ins Schlafzimmer integriert, sodass es auch Tageslicht erhält. Hier hatten wir als Alternative Schiebetüren für etwas mehr Privatsphäre vorgeschlagen*.* Des Weiteren wurden Küche und Bäder komplett saniert sowie die Böden auf beiden Etagen komplett erneuert.
Wie lange hat das alles gedauert?
Zwischen der ersten Anfrage im Dezember 2017 und der finalen Fertigstellung im Dezember 2019 vergingen fast zwei Jahre. Diese lange Umbauzeit war zum einen der schwierigen und langsamen Kommunikation mit Architekt und Statiker in Bezug auf das große Fenster im Wohnbereich und ein mögliches Fenster in der Brandwand sowie dem Start der eigentlichen Abrissarbeiten im Juli 2018 geschuldet. Hinzu kam dann leider noch die sehr schleppende Kommunikation und der verzögerte Einbau seitens des Schreiners am Ende. Damit hatten wir und auch unsere Auftraggeber nicht gerechnet.
Das klingt nach einigen Herausforderungen…
Die größte Herausforderung waren, wie meist, die statischen Anforderungen beim Umbau der Fenster. Ebenso aber auch die schleppende Kommunikation mit fast allen Gewerken. Das ist für uns und natürlich auch den Bauherren tatsächlich immer eine extrem hohe nervliche Belastung. Wir sind froh, zwischenzeitlich durch andere Projekte zuverlässige Gewerke gefunden zu haben. Aber auch die ein oder andere psychologische „Überzeugungsarbeit“ beim Kunden stellte ab und an eine Herausforderung dar – obwohl unsere Kunden hier tatsächlich sehr offen waren.
Inwiefern haben Sie auch das Interieur begleitet?
Alle Einbaumöbel wurden von uns entworfen, ebenso haben wir das Möblierungskonzept entwickelt, auch für die Bäder. Die Kunden selbst hatten allerdings bereits einige schöne Möbelstücke und Kunstwerke, die wir dann noch integriert haben.
Studio Oink-Projekte strahlen immer eine angenehme Ruhe aus. Was raten Sie Ihren Kunden und Kundinnen, bevor Sie mit einem Auftrag beginnen?
Wir bitten sie immer, sich folgende Frage zu stellen: „Was brauche ich wirklich?“ Das sollte man sein ganzes Leben lang tun. Das bedeutet übrigens nicht, dass es keine schönen Dinge geben darf, die einfach nur der Schönheit dienen. Ganz im Gegenteil! Manchmal sind es genau diese Kunstwerke oder Keramiken, die für ihre Besitzer lebensnotwendig sind und ihren Charakter beschreiben. Stattdessen braucht man aber vielleicht keinen Fernseher oder keine Kücheninsel – wir glauben, es ist superwichtig, sich das wirklich immer wieder zu fragen. Wir erleben es ganz oft, dass die Kunden gar nicht wissen, was sie wirklich brauchen oder wer sie sind. So vieles wird einem heutzutage durch soziale Medien vorgelebt, sodass man denkt, man bräuchte einen ganz bestimmten Einrichtungsstil. Also, um auf die Frage zurückzukommen: zunächst einmal, in jeder Hinsicht „(aus- )sortieren“. Dann die Dinge, die wichtig, aber nicht besonders ästhetisch sind, hinter praktischem Stauraum verstecken. Das schafft eine gewisse Grundordnung und eine Art leere Leinwand für das eigentliche Leben.
Sie arbeiten mit ruhigen Farben – wie setzen Sie Akzente?
Ja, tatsächlich zieht es uns immer wieder hin zur ruhigeren Farbpalette. Obwohl wir die opulenten Interieurs in Turin und Mailand lieben und schätzen! Ebenso die farbige Leichtigkeit mit stetem Augenzwinkern der Holländer… Aber wir mögen eben auch die sanfte natürliche Farbigkeit der belgischen und britischen Interieurs. Oft werden unsere Interieurs als skandinavisch beschrieben – das ärgert uns tatsächlich fast ein wenig, da die skandinavischen Interieurs ganz anders aufgebaut sind und ganz anders mit Licht und Schatten umgehen. Aber oft bedeutet hell vermutlich gleich skandinavisch. Wir würden unsere Interieurs eher als eine Art belgische Grundtonalität mit leisen verspielten holländischen Akzenten beschreiben. Die Farbtöne sind manchmal vielleicht etwas gedeckter bei uns: flämischer. Manchmal aber auch jünger und frischer. Nie aber knallig oder schrill – außer in der Kunst. Die darf (fast) alles.
In den Badezimmern haben Sie mit Fliesen von Marcante Testa gearbeitet – wie kam es dazu? War es eine bewusste Entscheidung, diese Räume zu akzentuieren?
Genau, die Bäder sollten und durften richtig aus dem Vollen schöpfen. Vor allem das kleine Gästebad im Erdgeschoss. Das große Bad hingegen sollte etwas ruhiger sein, zumal es optisch ins Schlafzimmer integriert wurde. Marcante Testa sind für uns, neben Studiopepe, ein grandioses Beispiel für einen sicheren Umgang mit Formen und Farben und opulenten Interieurs in Italien. Da hier in Deutschland aber leider ein ganz anderer Umgang mit alten Bauwerken herrscht und unsere Lichtverhältnisse nicht wie in südlichen Ländern sind, lassen sich viele der wunderschönen Konzepte nicht so leicht adaptieren. Die Fliesenkollektion von Marcante Testa für Ceramica Vogue ist wunderschön, und wir fanden, dass sie eine wundervolle und elegante Ergänzung zu dem sonst eher ruhigen Konzept in der Berliner Wohnung wäre. Die Küche greift die Farbigkeit noch einmal sachte auf und lässt die kräftigen Farben leise ausklingen.
Aus dem Erdgeschoss führt eine Treppe nach oben.
Robert Rieger
Alle Maßanfertigungen sind Entwürfe von Studio Oink. Das Stoffnetz ist provisorisch; langfristig soll hier ein Netz aus Stahl integriert werden.
Robert Rieger
Blink ins Kinderzimmer. Neben dem Vintage-Eames-Chair aus Fiberglas beginnt die eingebaute Schrankwand.
Robert Rieger
Das „String“-Regal beherbergt die Schätze des kleinen Bewohners.
Robert Rieger
Platz ist in der kleinsten Hütte: für Löwenkissen und Kuscheltiere.
Robert Rieger
An das Schlafzimmer der Eltern grenzt das offene Bad – aus Bett und Bad blickt man übrigens in einen kleinen Garten. Für Berlin eine ungewohnt grüne Aussicht.
Robert Rieger
Freistehende Dusche von JEE-O. Die Vorhänge lassen sich aufziehen – dann blickt man ins Schlafzimmer, und ins Freie.
Robert Rieger
Die Waschbecken „Val“ sind von Laufen, darüber hängen „Flowerpots“ von &tradition.
Robert Rieger
Die Küche wurde von Studio Oink entworfen, auch die Griffe sind maßgefertigt, die Platte ist aus Linoleum. Waschbecken „Nemo“ von Schock, die Armaturen sind von Vola.
Robert Rieger
Die Bank hinter dem Esstisch bietet Stauraum für Kissen und Decken.
Robert Rieger
Lea Korzeczek und Matthias Hiller alias Studio Oink.
Robert Rieger
Für kleine Profis: die Kinderküche…
Robert Rieger
…steht direkt neben dem Esstisch.
Robert Rieger
Im Erdgeschoss ist es eher dunkel – Licht kommt aus den Fenstern zum Hof (rechts) hinein.
Robert Rieger
Offene Fläche: Auf der Couch können Gäste übernachten. Gegenüber geht es ins Kinderzimmer.
Robert Rieger
Detailarbeit: Das Stoffnetz wird langfristig gegen ein stählernes Modell ausgetauscht.
Robert Rieger
Im Gästebad im Erdgeschoss geht es bunter zu. Die Fliesen „Graph“ und „Confetti“ entwarfen Marcante Testa für Ceramica Vogue. Der Duschvorhang ist von Ferm Living, die Armaturen von Dornbracht.
Robert Rieger
Spielen ausdrücklich erwünscht: Im Wohnzimmer toben die Kinder sich aus. Links ein Sofa von Ligne Roset, der Teppich ist vintage.
Robert Rieger
Arbeitsnische im Schlafzimmer.
Robert Rieger
Der Spiegel gibt den Blick auf die Einbauten von Studio Oink frei, die im Obergeschoss für Stauraum sorgen.
Robert Rieger
Produktion: Thomas Skroch